Realm of Possibilities –
Das SWR NEWJazz Meeting 2015
Ziel des legendären SWR NEWJazz Meeting ist, musikalische Begegnungen möglich zu machen, die unter normalen Bedingungen nur schwer zu realisieren sind. Im November präsentiert das renommierte Klanglabor des SWR in Sachen improvisierter Musik eine Band, die es in dieser Form noch nicht gegeben hat: improvisierende Musiker aus Kuba, Australien, Puerto Rico, Kanada und den USA kommen zusammen, welche zu den spannendsten Akteurinnen und Akteuren der aktuellen New Yorker Improvisationsszene zählen.
Die kreativen Fäden in diesem Jahr hat der kubanische Pianist Fabian Almazan in der Hand. Als langjähriger fester Pianist in den Gruppen des Trompeters Terence Blanchard hat er auf allen großen Bühnen der Welt gespielt. „Realm of Possibilities“ nennt der 31jährige sein in Zusammenarbeit mit der SWR-Jazzredaktion entwickeltes Projekt, in dem Musikerinnen und Musiker zusammen kommen, die zwar alle schon mal irgendwann lose in Kontakt waren, in dieser Konstellation aber noch nie miteinander gespielt haben.
Für sein Sextett Realm of Possibilites hat sich Almazan hervorragende Mit-Musikerinnen und -Musiker ausgewählt: die amerikanische Saxofonistin und Flötistin Anna Webber, die zur Créme de la Créme der entdeckungsfreudigen Brooklyner Improvisationsszene gehört. Den Vibrafonisten Chris Dingman, bekannt durch sein Spiel im hochgelobten Steve Lehman Octet und den Gitarristen Ryan Feirrera, festes Mitglied im Snakeoil-Ensemble des Saxofonisten Tim Berne. Als Bassistin gilt Linda Oh als ebenso intelligent wie impulsiv aufspielendes kreatives Energiebündel. Geboren wurde sie als Tochter chinesischer Einwanderer in Malaysia, aufgewachsen ist sie im westlichen Australien. 2008 zog sie nach New York, wo sie schnell einen Stammplatz in gleich zwei der Top-Bands des Big Apple-Jazz eroberte: in denen von Dave Douglas und Joe Lovano. Der Schlagzeuger des SWR NEWJazz Meeting 2015 – Realm of Possibilities, Henry Cole, ist puertorikanischer Herkunft und lebt seit 2003 im Big Apple, wo er in den Bands von Miguel Zenon und David Sanchez für Furore gesorgt hat. Mit seinen transkulturellen Beats, die Einflüsse von Jazz, Latin, Afro-Beat und vielen anderen Kulturen miteinander verschmelzen, gehört er zu den aufregendsten Schlagzeugern des 21. Jahrhunderts.
Das Rundfunkstudio als Katalysator für aktuelle Jazzentwicklungen
Zur Geschichte des SWR NEWJazz Meeting
Es war immer schon mehr als eine locker-flockige Jam-Session. Das SWR NEWJazz Meeting ist ein Klanglabor, eine künstlerische Forschungsstation in Sachen improvisierter Musik. Die Idee: völlig verschiedene Musiker, die vorher noch nicht zusammen kamen, erarbeiten in einem mehrtägigen Prozess in den Rundfunkstudios des Südwestrundfunks ein gemeinsames Programm, dass sie im Anschluss daran in öffentlichen Konzerten im Sendegebiet präsentieren.
1966 vom ehemaligen SWF-Jazzredakteur Joachim-Ernst Berendt gegründet, sind so in der mehr als dreißigjährigen Geschichte des NEWJazz Meeting viele dauerhafte Verbindungen zwischen Jazzkünstlern entstanden – 1988 beispielsweise die bis heute anhaltende spannende Kooperation des amerikanischen Saxofonisten Tim Berne mit dem französischen Gitarristen Marc Ducret.
Das NEWJazz Meeting ist zugleich ein wichtiges Sprungbrett für aufstrebende junge Musiker. Unvergessen der Vocal-Summit des NEWJazz Meeting 1980, an dem ein damals völlig unbekannter Sänger teilnahm. Von hier aus erlebte er seinen Aufstieg in den Vokal-Olymp. Sein Name: Bobby McFerrin.
Von Anfang an war das NEWJazz Meeting mehr als ein zwangloses „Come Together“ in einem Studio. Die Musiker dieser in der Jazzwelt ziemlich einmaligen Institution nutzten die Gelegenheit im radiophonen Kontext Konzepte zu entwickeln für die auf der von Konventionen geprägten Szene nur wenig Platz war und ist.
So ist das SWR NEWJazz Meeting schnell zu einem Sensor und Katalysator für sich anbahnende Jazzentwicklungen geworden. In den Baden-Badener Rundfunkstudios präsentierten zum Beispiel die Musiker der einflussreichen Chicagoer Musikerorganisation AACM ihre Konzepte zum ersten Mal in Europa. Das SWR NEWJazz Meeting wurde zu einem Impulsgeber für die vielfältigen Entwicklungen der europäischen Jazzemanzipation – von Alexander von Schlippenbach über Joachim Kühn und Gianluigi Trovesi bis hin zu Vincent Peirani. Hier auch regten sich besonders früh jene Trends, die für eine kreative Öffnung des Jazz zu den großen nichtwestlichen Musikkulturen sorgten (Rabih Abou-Khalil und Renaud Garcia-Fons, Fabian Almazan, Linda Oh u. a.).
Das SWR NEWJazz Meeting 2015 Realm of Possibilities auf Tour:
- November, Karlsruhe, Tollhaus
- November, Tübingen, Sudhaus
- November, Mainz, Frankfurter Hof