Das SWR NEWJazz Meeting 2017 mit dem Sextett Spider’s Egg
Ende November findet das SWR NEWJazz Meeting, das legendäre Klanglabor des Südwestrundfunks in Sachen improvisierter Musik, zum 50. Mal statt. Kurator des Jubiläums-Jahrganges ist ein 24-jähriger Gitarrist aus der brasilianischen Bundeshauptstadt Brasilia: Pedro Martins zählt zu den großen Jazzstimmen Südamerikas.
„Jazz ist für mich weniger ein Genre als eine Haltung.“, erklärt Pedro Martins „Es ist mehr eine bestimmte Art zu denken, eine besondere Weise, sich mit dem Spontanen und Intuitivem zu verbinden, einem natürlichen Aspekt der Musik“. 2015 hat der junge Brasilianer den Gitarrenwettbewerb des Montreux Jazz Festivals gewonnen. In der Jury saßen John McLaughlin und Kurt Rosenwinkel. Seitdem ist Martins musikalisch eng mit Rosenwinkel verbunden– er arbeitet auf dessen Heartcore-Label an seinem neuen Album, und er tourte mit Rosenwinkels Band „Caipi“ durch Asien, Amerika und Europa.
Pedro Martins ist der Shooting Star des aktuellen brasilianischen Jazz. Und er ist der Kurator des 50. SWR NEWJazz Meetings.
Das wurde 1966 von dem damaligen Jazzredakteur Joachim-Ernst Berendt. gegründet. Ziel des SWR NEWJazz Meetings ist es, Künstlerinnen und Künstlern dabei zu helfen, spannende Projekte zu entwickeln, die unter herkömmlichen Bedingungen nur schwer zu realisieren sind. Die Idee: der Rundfunk gibt Improvisatoren einen Raum, in dem sie unabhängig von den Zwängen des Business ihre Ideen unter rein musikalischen Gesichtspunkten austauschen und entwickeln können – in den verschiedensten Besetzungen, vom Solo bis zur Big Band.
„Es ist komisch“, erzählt Pedro Martins , „Ein oder zwei Tage bevor ich den Anruf von der SWR Jazzredaktion bekam, hatte ich das Duo „Knower“ mit der Sängerin Genevieve Artadi gehört. Ihre unglaublich offene und originelle Weise des Musizierens hat mich derart begeistert, dass in mir der Wunsch entstand, mit ihr zu arbeiten Dass dies nun so schnell Wirklichkeit wird ist wie ein kleines Wunder.“
Das Gitarrenspiel hat Pedro gelernt, indem er seinem Vater beim Spielen des Instruments zuschaute. Mit 4 bekam er eine Kindergitarre (in normaler Stimmung), ein Jahr später ein elektrisches Instrument, ein Schlagzeug und ein Keyboard. „Ich habe nie regulären Unterricht bei meinem Vater gehabt, gelernt habe ich durch Nachahmen.“ Die Beatles (die Lieblingsmusik seiner Mutter) waren seine ersten Helden. Dann hörte er Supertramp, Pink Floyd, Classic Rock, Queen. Ein Freund brachte ihn über das Hören von Chick Coreas Elektrik Band, Weather Report und Herbie Hancock zum Jazz. Mit 12 entdeckte er Bebop, Modern Jazz und zeitgenössische Improvisation. „Dann hatte ich eine Phase, in der ich wieder stärker auf brasilianische Stile zurückschaute: auf Pagode, Forro, Bossa, Choro, Maxixe, Caetano Veloso und Gilberto Gil. Danach hatte ich das Gefühl: Ich bin frei. Ich kann alles spielen, was ich will“ Er war 14, da nahmen ihn der Gitarrist und Produzent Daniel Santiago und der Mandolinenspieler Hamilton de Holanda (zwei weitere (ältere) Musiker, die der Jazzszene der Haupstadt Brasilia ein unverkennbares Gesicht geben) unter ihre Fittiche. Santiago produzierte auch Martins erstes Album unter eigenem Namen, als er es aufnahm war er gerade mal 16 Jahre alt. Das Album schlug in Brasilien wie eine Bombe ein. Hier war ein Musiker, der sich auf allerhöchstem harmonischen und melodischen Niveau im zeitgenössischen Jazz ausdrücken kann.
„Ich sehe mich weniger als ein Gitarrist, sondern als ein Musiker, der die Träume, die ich in meinem Kopf habe mithilfe meines Instruments verwirklicht.“, meint Martins. „Meine Gitarre ist wie ein Hammer und ein Meißel mit denen ich die Formen rausbringe, die ich in meinem Kopf imaginiere.“
„Spider’s Egg“ nennt er sein betont kosmopolitisch aufgespanntes Projekt fürs SWR NEWJazz Meeting 2017: ein Sextett, das in dieser Form noch nie zusammen gearbeitet hat, und in dem sich brasilianische Jazzmusiker mit Spielern aus Los Angeles, New York und Köln austauschen. Bereichert wird diese Band durch die Sängerin Genevieve Artadi ( populär durch das kalifornische Duo Knower). Weitere Gäste des SWR NEWJazz Meetings sind der New Yorker Altsaxofonist David Binney, der in Köln lebende Tenorsaxofonist Sebastian Gille sowie zwei weitere Shooting-Stars der jungen brasilianischen Jazzszene: der Bassist Frederico Heliodoro und der Perkussionist Antonio Loureira.
Man darf gespannt sein, was beim 50. SWR NEWJazz Meeting aus dem „Spider’s Egg“ schlüpfen wird. Eines jedenfalls ist sicher: die Ergebnisse können auch von Spinnen- und Jazzphobikern genossen werden. Die Sounds sind nicht das Produkt eines Egos. „Neben mir werden alle Musiker eigenes Material einbringen.“, meint Pedro Martins „Es wir ein sehr kollaboratives Projekt werden.“
Günther Huesmann
Das SWR NEWJazz Meeting 2017 mit Spider’s Egg auf Tour_
Fr. 24. November, Mannheim, Alte Feuerwache, 20 Uhr
Sa. 25. November, Tübingen, Sudhaus, 20:30 Uhr
So. 26. November, Karlsruhe, Tollhaus, 20 Uhr
Sendungen:
Do. 2. 11., 23:03 UhrSWR2 NOWJazz: Klanglabor Rundfunkstudio – zur Geschichte des SWR NEWJazz Meetings (1)
Di. 7. 11., 21.03 Uhr SWR2 Jazz Session. Klanglabor Rundfunkstudio – zur Geschichte des SWR NEWJazz Meetings (2)
Di. 14. 11. 21.03 Uhr SWR2 Jazz Session. Aus dem Archiv: Höhepunkte aus 50 Jahren SWR NEWJazz Meeting (1): der Vocal Summit mit Bobby McFerrin 1982 und das Rabih Abou Khalill/Jasper van’t Hof-Projekt 1993
Do. 16. 11. 23.03 Uhr SWR2 NOWJazz: Zum50. Mal! Das SWR NEWJazz Meeting – ein Preview des aktuellen Jahrgangs
Sa. 18. 11. 22.03 Uhr SWR2 Jazztime: Höhepunkte aus 50 Jahren SWR NEWJazz Meeting (2): Der Percussion Summit 1983 mit Paquito D’Rivera und das Kip Hanrahan-Projekt 1991.
Di, 12 12. 20.03 Uhr SWR2 Jazz Session: Spider’s Egg – Konzertmitschnitt vom 50. SWR NEWJazz Meeting 2017 in Karlsruhe