2014 SWR2 New Jazz Meeting

NJM-2014Weitere Information bei SWR2.

Auch in diesem Jahr geht es dem NEWJazz Meeting darum, musikalische Begegnungen möglich zu machen, die unter normalen Bedingungen nur schwer zu realisieren sind. Diesmal bringt es improvisierende Musiker aus Südamerika, den USA und Europa zusammen. Mit dabei: Melissa Aldana, die 25jährige Saxofonistin aus Chile, die 2013 als erste Frau in einem Instrumentalfach den weltweit führenden Jazzwettbewerb Thelonious Monk Competition gewonnen hat. (Dessen Gewinner war 1991 noch der heutige Saxofon-Star Joshua Redman). In der Jury saßen Wayne Shorter und Branford Marsalis. Aldana setzte sich gegen 13 amerikanische und europäische Mitbewerber durch. Möglicherweise ein Fingerzeig in die Zukunft? Kann es sein, dass die John Coltranes des 21. Jahrhunderts vielleicht nicht männlich sind und dass sie nicht aus den USA und auch nicht aus Europa kommen, sondern aus Südamerika, Afrika oder Asien?

Es war immer schon mehr als eine locker-flockige Jam-Session. Das SWR NEWJazz Meeting ist ein Klanglabor, eine künstlerische Forschungsstation in Sachen improvisierter Musik. Die Idee: völlig verschiedene Musiker, die vorher noch nicht zusammen kamen, erarbeiten in einem mehrtägigen Prozess in den Rundfunkstudios des Südwestrundfunks ein gemeinsames Programm, dass sie im Anschluss daran in öffentlichen Konzerten im Sendegebiet präsentieren.
Gegründet 1966 vom ehemaligen SWF-Jazzredakteur Joachim-Ernst Berendt sind so in der mehr als dreißigjährigen Geschichte des NEWJazz Meeting zahlreiche dauerhafte Verbindungen zwischen Jazzkünstlern entstanden — beispielsweise 1988 die bis heute anhaltende spannende Kooperation des amerikanischen Saxophonisten Tim Berne mit dem französischen Gitarristen Marc Ducret.
Aber das NEWJazz Meeting ist zugleich auch ein wichtiges Sprungbrett für aufstrebende junge Musiker. Unvergessen etwa der Vocal-Summit des NEWJazz Meeting, an dem 1980 ein damals völlig unbekannter Sänger teilnahm. Von hier aus erlebte er seinen Aufstieg in den Vokal-Olymp. Sein Name: Bobby McFerrin.
Von Anfang an war das NEWJazz Meeting mehr als ein zwangloses „Come Together“ in einem Studio. Die Musiker dieser in der Jazzwelt ziemlich einmaligen Institution nutzten die Gelegenheit im radiophonen Kontext Konzepte zu entwickeln für die auf der von Konventionen geprägten Szene nur wenig Platz war.
So wurde das SWR NEWJazz Meeting schnell zu einem Sensor und Katalysator für sich anbahnende Jazzentwicklungen. In Baden-Baden präsentierten zum Beispiel die Musiker der einflussreichen Chicagoer Musikerorganisation AACM ihre Konzepte zum ersten Mal in Europa. Das SWR NEWJazz Meeting wurde zu einem Impulsgeber für die vielfältigen Entwicklungen der europäischen Jazzemanzipation — von Alexander von Schlippenbach über Joachim Kühn und Gianluigi Trovesi bis hin zu Vincent Peirani. Hier auch regten sich besonders früh jene Trends, die für eine kreative Öffnung des Jazz zu den großen nichtwestlichen Musikkulturen sorgten (Rabih Abou-Khalil und Renaud Garcia-Fons).

Melissa Aldana (Tenorsaxophon):

Sie ist eine Saxophonistin aus Chile, die die New Yorker Bläserszene gerade gehörig aufmischt und von den großen Festivals Europas wie auf dem Silbertablett herumgereicht wird, seitdem sie – als erste Frau in einem Instrumentalfach – 2013 die Thelonious Monk Jazz Competition gewonnen hat.

Geboren wurde Melissa Aldana 1988 in Santiago de Chile. Ihr Großvater gehörte zu den ersten Jazzmusikern Chiles, die in den USA Aufnahmen machten. Sie selbst hat vom ihn das Saxophon geerbt, ein antikes Selmer-Mark-VI. Aber auch ihr Vater ist ein begnadeter Saxophonist (Ironie der Geschichte: auch er hatte einst am Thelonious Monk Wettbewerb teilgenommen, und dort 1991 im Halbfinale verloren – gegen den späteren Gesamtsieger Joshua Redman). Melissas Vater ist in Santiago de Chile ein angesehener Jazzlehrer. Mit sechs Jahren blies Melissa erstmals ein Altsaxophon. Jazz lernte sie nach Gehör – indem sie Soli von Charlie Parker Phrase für Phrase nachspielte, die der Vater ihr auf einer Audiokassette vorspielte. Als sie mit 12 das Album „Plus 4“ von Sonny Rollins hörte, hatte das neue Altsax, das sie gerade zu Weihnachten geschenkt bekommen hatte, keine Chance mehr. Da wusste sie: „Ich wollte unbedingt Tenorsaxophon spielen.“

Der panamesische Pianist Danilo Perez wurde auf sie aufmerksam und riet ihr sich am Berklee College in Boston zu bewerben. Dort erhielt die begehrte und extrem seltene Berklee-Scholarship – ein Jahr lang kostenlosen Unterricht, bei freier Kost und freier Logis. Nach ihrem Berklee-Studium ging Melissa Aldana nach New York, wo sie heute ein gefeierter shooting-Star der Szene ist.

Links: SWR2 Sendung über Melissa Aldana
Melissas Homepage mit Videos
Thelonius Monk Competition YouTube

Jakob Bro (Gitarre):

Er hat mit Lee Konitz, Bill Frisell und Thomas Morgan genauso gespielt wie mit dem Schlagzeuger Joey Baron. Jakob Bro ist gerade für den mit 45.000 Euro Dotierten Musikpreis des Nordischen Rates 2014 nominiert worden (frühere Preisträger sind Nils-Henning Orsted Pedersen, Palle Mikkelborg und Mats Gustafsson). Aktuell is Jacob Bro festes Mitglied im Tomasz Stanko Quartett. Zuvor war er auch ein zentraler musikalischer Anker in der Electric Bebop Band des 2012 verstorbenen Schlagzeugers Paul Motian.

Links: Jakob Bros Homepage
YouTube: Jakob Bro: guitar; Bill Frisell: guitar; Lee Konitz: alto saxophone; Ben Street: bass; Paul Motian: drums
Video: Jazzhouse Sessions: Jakob Bro Trio – „Villa Nova“

Joe Martin (Bass):

Wurde 1970 in Kansas City geboren, wuchs in Pella, Iowa auf. Ist derzeit der Lieblings-Bassist des gefeierten Tenorsaxophonisten Mark Turner. Bevor er zum Jazz fand, hörte er Progressive Rock und Funk Fusion.Martin spielte zunächst Cello, später auch Trompete und Elektrobass – bis er den Kontrabass entdeckte. 1995 zog er nach New York, wo der ex-Wynton-Marsalis-Bassist Dwayne Burno sein Mentor wurde. Martin war viele Jahre lang fester Bassist in der Band des Gitarristen Kurt Rosenwinkel.

Link: Joe Martins Homepage
YouTube: Eric Harland Trio Blues with Aaron Parks & Joe Martin

Kirk Knuffke (Kornett):

Kirk Knuffke gehört heute zu den meistgefragten Kornettisten in New York. Er wurde als „Trumpet Player of the Year“ für die Jazz Journalist Association Jazz Awards 2014 nominiert. Lebt seit 2005 im Big Apple. Das Trompetenspiel lernte er weitgehend autodidaktisch. Bereits ausgereift, schlossen sich Studien bei Ornette Coleman und Art Lande an. Heute ist Kirk Knuffke festes Mitglied im Quartett des renommierten Schlagzeugers Matt Wilson. Das Downbeat Magazine schrieb: „Over the last couple years, New York trumpeter Kirk Knuffke has quietly emerged as one of the most exciting and flexible hornmen on the scene.” Und freejazzblog fügt hinzu: “A joy to hear.”

Kirk Knuffkes Homepage
Kirk Knuffke Trio – „How it Goes“ (Live @ NuBlu)

Jacob Sacks (Klavier):

Um ihre These zu untermauern, dass der Jazz im 21. Jahrhundert immer noch eine innovative Ader hat, hat die Autorin Cicily Janus in ihrem Buch „The New Face of Jazz“ Jacob Sacks ein ganzes Kapitel gewidmet.

Gebürtig aus Michigan, kam er 1995 nach New York, um bei Gerry Dial an der Manhattan School of Music zu studieren. Ob es die Feier der großen Jazztradition in der Mingus-Big-Band ist, oder ob es die freieren, offeneren Ansätze des Paul Motian Septetts sind oder die auf Vamps basierenden Groove-Konzepte von David Binney – Jacob Sacks zählt wegen seiner ungemein flexiblen Spielweise zu den begehrtesten Spielern der jungen Brooklyner Szene.

Zusammen gearbeitet hat Jacob Sacks mit Clark Terry, Joe Maneri, Terumasa Hino, Charles Gayle, Eddie Henderson, Christian McBride, Brian Blade, Tony Malaby, Jacob Garchik, Ben Gerstein, Ohad Talmor, Chris Potter, Mark Turner, Ben Monder, Adam Rogers, Kenny Wollesen, Gene Jackson und Matt Wilson.

Jacob Sacks Homepage
Nels Cline, Billy Martin, Jacob Sacks, and Oren Bloedow
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R.J. Miller (Schlagzeug):

ist im akustischen Jazz-Kontext genauso zuhause wie in abgefahrenen Elektronik-Projekten. Geboren 1984 in Machias, Maine; lebt er seit 2002 in New York, wo er sich im Spiel mit Larry Grenadier, Eivind Opsvik; Ethan Iverson (The Bad Plus) und Ben Monder zu einen ebenso filigran wie kraftvoll aufspielnden Power-Rhythmiker entwickelte.

 

 

Sa. 22.11.2014 Sudhaus