20:30 Uhr
Sudhaus Tübingen – Großer Saal
„Contra La Indecisión„-Tour
Bobo Stenson Piano;
Anders Jormins bass
Jon Fälts drums
Mit seinem wunderbaren neuen Album „Contra La Indecisión“ setzt das Trio des schwedischen Pianisten Bobo Stenson ein Zeichen gegen die Unentschlossenheit. Charakteristische Elemente wie Stensons lyrischer Anschlag, Anders Jormins mit Folkklängen eingefärbter, gestrichener Bass und Jon Fälts immer wieder aufflackerndes, strukturelles Schlagzeugspiel kommen auf „Contra la indecisión“, der ersten Neueinspielung des Trios seit sechs Jahren, besser denn je zuvor zur Geltung. Wie stets greift das Ensemble auf ein breites Spektrum von musikalischen Quellen zurück.
Diesmal reicht es vom sehnsuchtsvollen Titelstück des kubanischen Sängers und Songwriters Silvio Rodríguez über Bartóks Adaption eines slowakischen Volksliedes, ein Stück aus Federico Mompous impressionistischer Klaviermusikkollektion „Cançons I Danses“ und Erik Saties „Élégie“ bis zu Eigenkompositionen von Stenson und Jormin sowie Gruppenimprovisationen. Der Gruppencharakter und die musikalische Identität der einzelnen Mitglieder des Trios sind so stark gefestigt, dass die Einbeziehung des Fremdmaterials stets organisch und schlüssig erscheint.
Für Stenson ist die respektvolle Umgestaltung des Ausgangsmaterials von essenzieller Bedeutung. Im Gegensatz zu Anders Jormin, der hier fünf neue Stücke zum Repertoire beisteuerte, tritt Stenson seltener als Komponist in Erscheinung, prägt mit seiner poetischen Ader aber alles, was er spielt. Doch die wenigen Stücke (wie auf diesem Album „Alice“), die er zum Repertoire beiträgt, sind dafür um so hörenswerter. „Wir wählen Dinge aus verschiedenen Bereichen aus“, erklärte Stenson einmal gegenüber All About Jazz. „Es spielt keine besondere Rolle, woher das Material kommt. Uns geht es mehr darum, was wir damit anstellen. Man versucht einerseits, dem Original treu zu bleiben, aber andererseits auch, es ein wenig weiter zu bringen.“
Die Stücke stammen dieses Mal aus sehr unterschiedlichen Kontexten. „Das Bartók-Stück haben wir vor ein paar Jahren zusammen mit einem Chor aufgeführt“, erläutert Stenson. „Die Satie-Nummer kenne ich schon seit langem und habe sie immer gemocht. Anders schlug das Lied von Rodriguez vor. Seine Stücke scheinen für uns gut zu funktionieren [auch das Album „Cantando“ eröffnete das Trio 2007 mit einer Komposition von Rodriguez].
‚Cancion contra la indecisíon‚ ist ein älterer Rodriguez-Song aus den 70ern. Und dann ist da nochMompou: vor ein paar Jahren spielte ich einige seiner Stücke mit [dem englischen Saxophonisten]Martin Speake.
Sie stammten allesamt aus den ‚Cançons I Danses‘, aber gerade das, was wir hier spielen, war nicht dabei gewesen. Wenn wir das Mompou-Lied mit dem Trio bei Konzerten spielen, verwenden wir es oft als Einleitung zu ‚Don’s Kora Song‘ [diese Don–Cherry-Komposition kann man auf ‚Cantando‘ hören]. Und Anders schreibt natürlich unerlässlich neue Musik. Er legt uns seine Stücke vor und wir schauen, welche von ihnen für das Trio geeignet sind. Was noch? Die ‚Kalimba Impressions‘ sind ein improvisiertes Stück.Jon Fält hatte zwei Kalimbas von unterschiedlicher Größe und Tonart mitgebracht. Wir entwarfen eine Art Melodie und bauten das Stück auf ihr auf…“
Bobo Stenson und Anders Jormin sind nun schon seit mehr als dreißig Jahren musikalische Partner. Das erste Mal spielten sie in den 1980er Jahren in der Band Rena Rama zusammen, die der Pianist gemeinsam mit dem Saxophonisten Lenart Åberg leitete. 1984 wirkte Stenson dann an der Einspielung von Jormins Soloalbum „Nordic Light“ mit. Kurz danach schloss sich der Bassist dem Bobo Stenson Trio an, das mit einer Reihe von Schlagzeugern arbeitete: auf „Very Early“ war es 1986 Rune Carlsson, auf den in den 1990ern erschienenen ECM-Alben „Reflections„, „War Orphans“ und „Serenity“ Jon Christensen und auf dem 2005 veröffentlichten ECM-Album „Goodbye“ der große Paul Motian. 2007 übernahm dann schließlich der damals außerhalb der schwedischen Improvisationsszene wenig bekannte Jon Fält den Schlagzeughocker. Zehn Jahre und drei Alben später ist er aus dem Bobo Stenson Trio kaum mehr wegzudenken. Fälts spielerische, blitzschnelle Reaktionen und sein stets herausforderndes, detailreiches Spiel sind längst vollständig in das musikalische Konzept und den Charakter des Trios integriert.